Die Liebe war es. Die Liebe zu kryptischen Wortkreationen wie gewitterbuchstabendunkelheit oder strichaugenstreifblitz. Oder glasrandbergehorizont. Diese Worte kamen aus mir heraus während eines Sommergewitters im fernen Jahr 2001, zusammengekauert auf dem Balkon des Schlafzimmers meiner Eltern, eingewickelt in ein Federbett. Der Dachvorsprung zu knapp um mich vollends vor dem warmen Sommerregen zu schützen. Es war ein Zeitlupenaugenblick, eingehüllt in senffarbenes Licht, mein Herz flackerte mit jedem erneuten Blitz auf.
Und dieses Herzflackern ist es bis heute, wenn ich spüre jetzt brauche ich Papier, einen Stift oder meinen Laptop, neuerdings auch mein Handy mit Sprachmemofunktion. Wie praktisch der kleine Taschenbegleiter doch auch für die poetischen Momente des Lebens ist, dann, wenn die Wortwelle mich überrollt, sich zuerst samten in meinen Fingerspitzen anbahnt und sich dann ein Flirren, ausgehend von meinem Herzen um mich ausbreitet wie ein Pulsar.
Die Sehnsucht nach einer Antwort auf die Leuchttsturmsignale meines Herzens haben mich also bewogen zu schreiben. Auf dass ich die Signale von Schiffbrüchigen einfange und sie zu einem Netz verweben kann. Mit der idealistischen Vorstellung von Luft & Liebe zu leben.
Ich erinnere mich an meine inneren Widerstände, wenn sich in mir alles gesträubt hat, wenn es sonntags wieder hieß:“Wir wandern!“ Meine Mutter liebt die Berge und wollte ihren Kindern ihre Berggipfelsehnsucht vermitteln. Nur war ich auf Rückzug und Leuchtturm eingestellt und mir war so gar nicht nach Berge bekraxeln zumute. Doch es hieß sich der Familienbande anschließen und tapfer auf die Zähne beißen. Und mit Berggipfelsehsnucht erklärt sich auch schon ziemlich genau dass es sich bei den Wanderrouten meiner Mutter nicht um Spaziergänge im Wald entlang an Waalwegen handelte, sondern eher um 5 bis 7 stündige Wanderungen, wie jene zu den Spronser Seen in der Texelgruppe, der höchsten alpinen Seenplatte. Damals wusste ich die Bergluft natürlich nicht zu schätzen und quälte mich über Stock und Stein. Das wars mit meiner Erinnerung an diese „Zwangswanderungen“, ich bin gut im Verdrängen. Es brauchte viele Jahre und einen Umzug in eine Stadt, bis ich plötzlich anfing etwas zu vermissen. Ich hätte natürlich nie gedacht, dass ich die Berge irgendwann mängel haben werde, wie man bei uns hier das Vermissen nennt. In den ganzen Stadtfluchten der Häuser von Berlin fehlte mir die Weite, das dahinter, das noch etwas größere als ich. Kurzum: das Erhabene der Berge. Weite und Berge geht eben doch zusammen. Und so habe ich in diesem Sommer das erste Mal eigenständig einen Wunsch zum Erklimmen eines Gipfels geäußert. Für den Anfang einen moderaten mit 2.116 m, den Roen auf dem Mandelkamm über meinem Heimatdorf Kaltern. Ganz bewusst, damit ich mich meiner Wurzeln bewusst werden kann.
Und dann habe ich meine Wurlitzerwunschwanderung mit einem Teil meiner Familie tatsächlich mit jedem Schritt genossen.Und ich danke meiner Mutter, dass Sie diese Sehnsucht in mir eingepflanzt hat, auch wenn es bei mir etwas gedauert hat, bis der Groschen gefallen ist. Und ja, die Bergluft und die Liebe waren das einzige was mich haben den Gipfel erklimmen lassen. Bergluft & Liebe. Und zum Glück gibt es hier mitten in den Alpen auch hier unten im Tal die kühle verheißungsvolle Bergluft, die mir zuflüstert:“Alles ist in Ordnung. Wir Berge sind da, du darfst einfach sein.“
Ich schreibe, also bin ich.
#inspirebeinspired
Eure Waldstadtfee Lissy
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